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"Die Bewerbung ist die erste Arbeitsprobe" - Interview mit Professor Thilo Eith

Wertvolle Tipps in Sachen effektiver Bewerbungen gibt Thilo Eith, Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Personal, Organisation und Management. Im Interview sagt er auch, was Bewerber keinesfalls machen sollten.
Veröffentlicht am 13.12.2018

Wertvolle Tipps in Sachen effektiver Bewerbungen gibt Thilo Eith, Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Personal, Organisation und Management. Im Interview sagt er auch, was Bewerber keinesfalls machen sollten.

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren? Auch mit solchen Fragen müssen Bewerber weiter rechnen. Bild: dpa

 

Herr Professor Eith, es gibt viele Arbeitssuchende, die frustriert sind. Sie schreiben unzählige Bewerbungen und bekommen keine Antwort. Was ist der Beginn einer aussichtsreichen Bewerbung?

Der Einstieg ist die Stellenanzeige, respektive die Stellenausschreibung. Es ist die Bewerbung des Unternehmens beim Bewerber. Wenn diese anspricht, dann ist es ein gutes Zeichen.

Wo findet man seriöse Stellenanzeigen?

In den Zeitungen, auf der Homepage der Unternehmen, im Jobportal der Arbeitsagentur, aber auch in den sozialen Netzwerken, wie beispielsweise Xing oder Facebook. Aber man sollte immer auch herausfinden, ob es sich um einen attraktiven Arbeitgeber handelt.

Was ist das Wichtigste bei der schriftlichen Bewerbung?

Wichtig ist: Empfängerdaten richtig scheiben! Firmierung, Rechtsform, Name des Ansprechpartners… Bei fehlerhaften Adressdaten ist der erste Eindruck: Kann der Bewerber, die Bewerberin nicht lesen? Ist in der Stellenanzeige eine Telefonnummer für Rückfragen angegeben, dann sollte man anrufen. So hat man gleich einen Fuß in der Tür und eine kleine Beziehung geknüpft.

Was für intelligente Fragen könnte man stellen?

Man könnte sich über Inhalte der Arbeit, über Arbeitszeitmodelle, freiwillige betriebliche Sozialleistungen oder ähnlichem erkundigen. Bitte keine Fragen zur Bezahlung.

Der erste Eindruck ist immer entscheidend. Worauf kommt es bei der schriftlichen Bewerbung an, dass sie nicht gleich beiseitegelegt wird?

Sie ist die erste Arbeitsprobe, die ein potenzieller Mitarbeiter von sich abgibt. Sie sollte sauber, lesbar, gut und höflich formuliert, fehlerfrei und grammatikalisch richtig sein. Auch die Formalien sind entscheidend: 1. Anschreiben, maximal ein bis eineinhalb Seiten, 2. tabellarischer Lebenslauf, gerne mit professionell erstelltem Lichtbild, 3. Zeugnisse.

Eineinhalb Seiten? Was schreibt man da?

Im Anschreiben erläutert der Bewerber dem Leser, welche Motivation er hat, warum er genau der Richtige für die Stelle ist. Es beinhaltet die Meilensteine des Lebenslaufs und die persönlichen Kompetenzen.

Es heißt immer, der erste Satz wäre entscheidend. Wie macht man gleich auf sich aufmerksam?

Antriggern mit den ersten Satz ist eine Möglichkeit. Ich persönliche tue mich mit Knalleffekten schwer. Eine höfliche Einleitung finde ich passender.

Wie würden Sie eine solche Einleitung formulieren?

Zum Beispiel: Bitte erlauben Sie mir, Ihnen anbei meine Bewerbungsunterlagen zu senden. Standardfloskeln, wie beispielsweise „mit großem Interesse habe ich im Internet ihre Stellenanzeige gesehen“, sind nicht mehr adäquat. Besser wäre: „Auf Ihrer Homepage suchen Sie…“

Was wird beim Anschreiben häufig falsch gemacht?

Datum und Betreffzeile werden oft vergessen. Und: Auf die Anrede kommt es an. Sehr geehrte Damen und Herren, aber bitte nicht Hallo oder Liebe…

Unverzichtbar ist der tabellarische Lebenslauf. Was ist hierbei zu beachten?

Nicht vergessen sollte man die persönlichen Daten, sprich: Name, Geburtstag, Familienstand, Adresse und Kontaktdaten, darunter eine ordentliche, sprich seriöse E-Mail-Adresse. Die Abwärtschronologie des tabellarischen Lebenslaufs ist wesentlich, also das Aktuellste zuerst. Arbeitsstellen, Studium, Ausbildung bis zur Schulbildung. Auch ehrenamtliche Tätigkeiten oder soziales Engagement sollte man kurz aufführen, sodass der potenzielle Arbeitgeber vorab auch von den sozialen Kompetenzen erfährt. Hobbys sollte man im Zweifel weglassen, außer sie hängen mit der Stelle zusammen. Übrigens: Nicht nur das Anschreiben, auch der Lebenslauf sollte unterschrieben werden.

Vielen Bewerber ist es unangenehm, wenn sie arbeitslos waren oder kein Abitur vorzuweisen haben. Was raten Sie diesen Menschen?

Ehrlich sein! Es ist keine Schande, wenn man einmal arbeitslos war. Das passiert halt. Und junge Menschen, die für eine gewisse Zeit einmal im Ausland waren, sollten dies im Lebenslauf, der lückenlos sein sollte, guten Gewissens vermerken, denn Reisen bildet und fördert die kulturelle Kompetenz. Auch für einen Hauptschulabschluss braucht man sich nicht schämen. Wer sich dann vielleicht weitergebildet hat, mittlere Reife bestanden und dann noch eine gute Ausbildung gemacht oder sogar ein Studium draufgesattelt hat, das ist doch super. Da erkennt jeder Arbeitgeber sofort: Der Mensch hat Ehrgeiz und etwas aus sich gemacht. Es ist ihm nicht in den Schoß gefallen. Das imponiert.

Welche Zeugnisse muss man beilegen?

Lebenslaufkonform alle, je nach Alter, auch die Schulabschlusszeugnisse. Bitte bei schriftlichen Bewerbungen niemals das Originalzeugnis beilegen! Ich rate jedem, von allen Arbeits- und Schulzeugnissen die Kopien amtlich beglaubigen zu lassen und einzuscannen. Es gibt übrigens zwei Arten von Arbeitszeugnissen: Das einfache und das qualifizierte Arbeitszeugnis. Jeder sollte darauf achten, dass er sich ein qualifiziertes ausstellen lässt. Wer seine Bewerbung online versendet, sollte die gesamte Bewerbung als eine pdf-Datei erstellen, die 5 MB nicht überschreitet.

Die schriftliche Bewerbung war erfolgreich. Es kommt zum Bewerbungsgespräch. Was sind absolute Tabus?

Zu spät kommen, unangemessen gekleidet sein, nach Rauch riechen, unhöflich oder gar frech sein, Gegenfragen stellen.

Die ersten sieben Sekunden sind für den ersten Eindruck entscheidend. Wie kann man sein Gegenüber für sich gewinnen?

Freundliches, korrektes, anständiges Auftreten und ein fester, aber nicht zu kräftiger Händedruck. Den Händedruck darf man nicht unterschätzen, denn es ist der einzige Moment der Berührung. Wenn jemand etwas schwitzige Hände hat, dann ist das positiv, denn es zeigt, dass er nervös ist. Das kommt viel besser an, als wenn jemand ganz cool wirkt.

Gibt es eine Zauberformel für ein erfolgreiches Bewerbungsgespräch?

Authentisch sein, echt sein. Man sollte die Etikette wahren, aber sich nicht extrem verstellen, offen, kommunikativ sein, reflektieren und vor- und nachdenken. Man sollte seine Stärken benennen und mit Beispielen unterlegen können, und bei der Frage nach den Schwächen: Ruhe bewahren. Es gibt ja auch vermeintliche Schwächen, die eine Stärke sein können, wie beispielsweise Ehrgeiz. Bewerbung findet immer auf Augenhöhe statt. Ein Interview sollte immer von gegenseitiger Wertschätzung und Respekt geprägt sein. Auch der Bewerber sollte im positiven Sinn selbstbewusst und nicht opportunistisch sein. Schließlich geht es nicht nur darum, ob das Unternehmen einen guten Mitarbeiter bekommt, sondern auch darum, dass der Bewerber den richtigen Arbeitgeber für sich findet.

Welchen Tipp haben Sie für alle, die sich unsicher sind?

Es gibt sehr gute Bewerbungsseminare, in denen nicht nur die Grundlagen für die schriftliche Bewerbung erarbeitet, sondern auch Vorstellungsgespräche geübt werden.

Fragen: Aurelia Scherrer