You are here

Managementstruktur von Familienunternehmen

Jeder 2. Fremdmanager in Familienunternehmen kommt aus dem Mittelstand, so Prof. Dr. Sven Cravotta, Dekan des Fachbereichs Wirtschaft an der SRH Hochschule Calw. Welche Vor- und Nachteile eine Mischgeschäftsführung für ein regionales Unternehmen hat, erfahren Sie im job-im-südwesten.de -Interview.
Veröffentlicht am 31.03.2016

Jeder 2. Fremdmanager in Familienunternehmen kommt aus dem Mittelstand, so Prof. Dr. Sven Cravotta, Dekan des Fachbereichs Wirtschaft an der SRH Hochschule Calw. Welche Vor- und Nachteile eine Mischgeschäftsführung für ein regionales Unternehmen hat, erfahren Sie im job-im-südwesten.de -Interview.

 

Jobs im Südwesten: Was unterscheiden Familienunternehmen von börsennotierten Unternehmen?

Prof. Dr. Cravotta: Bei einem Familienunternehmen handelt es sich um ein Unternehmen, das sich ganz oder teilweise im Eigentum einer Familie oder mehrerer Familien befindet und auf dessen Geschäftspolitik die Eigentümerfamilie einen maßgeblichen Einfluss ausübt. Familienunternehmen unterscheiden sich wesentlich von Publikumsgesellschaften. Ihre Andersartigkeit zeigt sich entlang der gesamten Organisation, die maßgeblich von der Eigentümerfamilie gestaltet wird.

 

Jobs im Südwesten: Was bedeutet das inhaltlich?

Prof. Dr. Cravotta: Wichtige Attribute der unternehmerischen Aktivität von Familienunternehmen sind das Ausbalancieren von Familien- mit den Unternehmensinteressen, die Sicherung des Familieneinflusses, Flexibilität und flache Hierarchien, Überleben und Generationendenken anstatt Shareholder Value, die langfristige Ausrichtung mit meist nicht wirtschaftlich orientierten Zielen und das Festhalten an der Unternehmensphilosophie geprägt durch traditionelle Werte und Grundsätze.

 

Jobs im Südwesten: Welche Auswirkungen hat dies auf Führungsstrukturen der Unternehmen?

Prof. Dr. Cravotta: Ein weiteres, wesentliches Merkmal familiengeführter Unternehmen liegt in den längeren Amtszeiten der Familienmitglieder im Vergleich zu Berufsmanagern. Die längere Periodendauer deutet auf Führungskontinuität hin, wobei sie sich auch nachteilig auswirken kann, wenn zum Beispiel zwingend erforderliche Innovationen nicht getätigt werden und strikt an der in der Vergangenheit bewährten Richtung festgehalten wird. Auch wird nur in wenigen Familienunternehmen frühzeitig eine Nachfolgeregelung getroffen, obwohl solch eine Regelung für den Fortbestand essentiell ist. So gelingt nur einer kleinen Anzahl von Familienunternehmen der Sprung in die vierte Generation.

 

Jobs im Südwesten: Woran misst sich der Erfolg eines Familienunternehmens?

Prof. Dr. Cravotta: Die meisten Familienunternehmen sind Personengesellschaften oder firmieren in der Rechtsform einer GmbH. Nur vereinzelt sind sehr große Familienunternehmen an der Börse gezeichnet. Bei den nicht-börsennotierten Familienunternehmen stellt der Tatbestand des Überlebens der Unternehmung als qualitative Größe das übergeordnete Ziel dar. Demzufolge ist der Fortbestand als Erfolgsindikator und somit als Maßstab des Erfolgs von Familienunternehmen zu verstehen. Hierbei werden gerade den langlebigen Familienunternehmen, den sogenannten Mehr-Generationen-Familienunternehmen (MGFU), die ihre Überlebensfähigkeit unter Beweis gestellt haben, eine besondere Erfolgsfähigkeit zugeschrieben.

 

Jobs im Südwesten: Sie haben über „Die gemischte Geschäftsführung als Managementstruktur langlebiger Familienunternehmen“ promoviert. Was verbirgt sich dahinter?

Prof. Dr. Cravotta: Meine Doktorarbeit befasste sich mit langlebigen Familienunternehmen, die im Management eine Mischgeschäftsführung institutionalisiert haben. Damit handelt es sich per definitionem um Familienunternehmen, die seit mindestens 100 Jahren bestehen und die neben Familienmitgliedern zugleich von angestellten Managern geleitet werden. Die Arbeit untersuchte das Beziehungsverhältnis zwischen Familieneigner und Fremdmanager in deutschen MGFU des verarbeitenden Gewerbes mit Mischgeschäftsführung. Von besonderem Interesse ist dabei, wie ältere und traditionsreiche Familienunternehmen damit umgehen, wenn neben familieninternen Geschäftsführern auch externe Manager berufen werden.

 

Jobs im Südwesten: Können Sie die Ergebnisse Ihrer Forschung zusammenfassen?

Prof. Dr. Cravotta: Die Arbeit liefert fundierte Antworten auf die Frage nach dem Verständnis von Kontrolle der aktiven Familieneigner gegenüber ihren Fremdgeschäftsführern in diesen Firmen und ermöglicht damit weitere Einblicke in eine komplexe, aber für die Unternehmenspraxis ganz offensichtlich hochrelevante Fragestellung der Führung von hybriden Mehr-Generationen-Familienunternehmen. Es konnte festgestellt werden, dass die Eigner ihre angestellten Manager meist auf indirektem und informellem Wege, welcher oft nur faktisch, und damit im Innenverhältnis, zu spüren ist, kontrollieren. Dabei ließen die Befunde insgesamt 15 solcher Mechanismen erkennen. Beispielsweise konnte sehr oft beobachtet werden, dass trotz einer nach außen vorliegenden Gleichstellung zwischen familieninternen und -externen Managern meist im internen Geschäftsverkehr die Familie gegenüber ihren Fremdmanagern übergeordnet ist. Interessant ist auch, dass eine langjährige Unternehmenszugehörigkeit des (späteren) externen Geschäftsführers, in der er sich für das Familienunternehmen eingesetzt und dabei bewährt hat, ebenso direkte, persönliche Kontrollen ersetzt. Der ursprünglich als eher fremd angesehene Manager wird im Zuge seiner Beschäftigung und Bewährung zu einem vertrauenswürdigen Organisationsmitglied.

 

Jobs im Südwesten: Welchen Typus von Fremdgeschäftsführern suchen die von Ihnen untersuchten Familienunternehmen?

Prof. Dr. Cravotta: Auf Basis der von den Eignern gemachten Angaben konnte ermittelt werden, dass rund die Hälfte aller derzeit eingestellten Fremdmanager in den untersuchten MGFU aus mittelständischen Unternehmen kommt. Bei 17 MGFU (23,9 Prozent) werden ausschließlich (bewusst) solche Führungskräfte auf der Top-Managementebene eingestellt. Zudem werden in 40 MGFU (56,3 Prozent) im Einstellungsprozess Manager mit „mittelständischem Background“ leicht bevorzugt. Führungsverantwortliche aus Großkonzernen werden dagegen oft abgelehnt.

Von den befragten Eignern gaben 14 (19,7 Prozent) an, bei der Vergabe eines Geschäftsführerpostens bewusst intern ausgebildete Leute bevorzugt zu haben. Dem widersprachen insgesamt zehn Familienmitglieder (14,1 Prozent) und holten sich lieber Experten vom Arbeitsmarkt. Die meisten (66,2 Prozent) der Befragten gaben an, dass sie bei der Managerauswahl idealerweise beides, internes als auch externes Rekrutieren, favorisieren, aber auch hier nicht auf eigene Mitarbeiter verzichten möchten. Für viele Familieneigner übernimmt ein internes Rekrutieren gewissermaßen eine Schutzfunktion und stellt so wiederum Kontrolle sicher.

Die Fragen stellte Michael Schnurr